„Arbeitslose Elektriker gibt es nicht“
Die Berufslehre ist in der Schweiz weiterhin der populärste Bildungsweg. Allerdings hat es vorab das traditionelle Handwerk schwer, genügend Lernende zu finden. Da auch viele Betriebe in Zollikofen betroffen sind, startet der örtliche Gewerbeverein eine Info-Kampagne, die anhand von konkreten Beispielen die Vorteile der handwerklichen Berufe aufzeigt. Zum Auftakt der kleinen Serie erklärt Sandro Walther, warum er die Elektroinstallateur-Lehre gewählt hat.
- Als guter Sekundarschüler hätten Sie problemlos ans Gymnasium gehen können. Warum entschieden Sie sich für die Elektroinstallateur-Lehre?
Da spielte wohl ein wenig die erbliche Belastung mit: Ich kam schon als Kind in der Werkstatt unseres Familienbetriebes in Kontakt mit dem Elektrikerberuf. Für mich war daher immer klar, dass hier meine Zukunft liegt, zumal ich in der Schule wesentlich besser in Mathematik war als etwa in Sprachen.
- Welche Reaktionen gab es in Ihrem Freundeskreis auf die Tatsache, dass Sie „nur“ Lehrling sind?
Einige Kollegen haben diskret gestaunt, dass ich mir lieber die Hände dreckig mache als nobel auf der Gymibank zu hocken. Aber die meisten haben meinen Entscheid verstanden oder zumindest respektiert.
- Sie haben die vierjährige Elektroinstallateur-Lehre als 15-jähriger Jüngling angefangen. War dieser Einstieg für Sie nicht ein Schock?
Ein Schock nicht gerade, aber eine rechte Umstellung. Früh aufstehen, den ganzen Tag auf den Beinen stehen, Anweisungen befolgen und generell weniger Freizeit haben – das muss man erst verdauen. Aber nach zwei Monaten war es schon ok, denn das Positive überwog bei Weitem.
- Was gefiel Ihnen am meisten?
Die Abwechslung bei der Arbeit, die vielen Kontakte mit Mitarbeitenden und Kunden. Es war auch spannend zu verfolgen, wie die Aufträge abgewickelt werden, nämlich vom Rohbau bis zum Finish. Man sieht, was man gemacht hat!
- Frauen sind unter den Elektronik-Lernenden eher eine Ausnahme…
Das ist heute eigentlich unverständlich. Mit mir in der Klasse war eine Frau, die den Abschluss mit 4,9 schaffte. Sie hatte auch beim Rohbau nicht mehr Probleme als wir Männer. Auch als Elektroplaner und Gebäudeinformatiker sind Frauen bestens geeignet.
- Es heisst recht verlockend, dass das Handwerk goldenen Boden habe. Stimmt das auch in der Elektrobranche?
Die Lehrlingslöhne sind sicher anständig. Von 600 Franken im ersten Lehrjahr steigt der Lohn bis auf 1250 oder gar 1400 Franken im Abschlussjahr. Ein Jahr nach Lehrabschluss sind mindestens 5000 Franken fällig. Und die Saläre steigen mit jeder Weiterbildung recht massiv an. Darauf muss mancher Uni-Bachelor lange warten!
- In der heutigen Zeit ist die Jobsicherheit für viele wichtiger als der Lohn – und die amtlichen Daten zeigen, dass es arbeitslose Elektriker praktisch nicht gibt.
Das Schöne ist, dass der Bedarf an Fachkräften eher noch zunehmen wird, allein der Solarbereich braucht viele neue Jobs.
- Nach Ihrem Abschluss – mit der Note 5,2, – stehen Sie schon voll in der Weiterbildung, was peilen Sie an?
Ich fahre auf der Unternehmer-Schiene: Derzeit stecke ich noch im Kurs zum Elektroprojektleiter/Sicherheitsberater, das dauert rund zweieinhalb Jahre. Danach wäre die Meisterprüfung fällig, die für die Führung eines KMU fast unerlässlich ist.
- Damit dürfte die Erbfolge in der Urs Walther AG gesichert sein. Wird die Firma weiter in Zollikofen bleiben?
Wir sind hier rundum zufrieden. Die Gemeinde ist schon immer gewerbefreundlich gewesen und dürfte es wohl auch künftig sein.
Interview: Patrick M. Lucca
Bildlegende
Das Schöne ist, dass der Bedarf an Fachkräften eher noch zunehmen wird,
Vier Elektroberufe
Die Elektrobranche hat ihre Grundbildungen in den letzten Jahren an die rasante technologische Entwicklung mehrfach angepasst. Heute werden vier Berufslehren angeboten:
- Montage-ElektrikerIn (3 Jahre)
- ElektroinstallateurIn (4 Jahre)
- GebäudeinformatikerIn (4 Jahre)
- ElektroplanerIn (4 Jahre)
Der Branchenverband EIT bietet eine grosse Auswahl an Zusatzgrundbildungen, Weiterbildungen und Spezialisierungskursen. Möglich ist auch der akademische Weg zum Bachelor/Master mit Lehre, Berufsmatur, Praxiseinsatz, Passerelle und Fachhochschule.
Information: www.eitswiss.ch